Die Assets der GfWM

Essentials aus 20 Jahren Beschäftigung mit dem Thema Wissensmanagement.

Kristina Mirchuk, Andreas Matern

Knowledge Management Essentials • Das Kuratierte Dossier, Band 5 • März 2023
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Zum Key Visual: Arbeitsplatzorganisation für Wissensarbeit – sog. Schreibsessel, Anfang 19. Jahrhundert, USA, mit Schubladen unter Schreibfläche und Sitz für den schnellen Zugriff auf notwendige Unterlagen und Arbeitsutensilien (Bildquelle: Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum USA, CC0)

Life can only be understood backwards; but it must be lived forwards.
Søren Kierkegaard

Im Juli 2022 wurde der Vorstand der GfWM eingeladen, im Rahmen der lernOS Convention 2022 #loscon22 in einem fünfminütigen Vortrag im Lightning Talk-Format die im Laufe der Geschichte des Vereins entstandenen wichtigsten Assets darzustellen. Mit Bezug zum Leitthema der Veranstaltung “The Re-Return of Knowledge Management” war dabei die Grundidee, die Praxisrelevanz dieser Assets auszuweisen. Was also hält die Gesellschaft für Wissensmanagement in ihrer Geschichte und Gegenwart hier für die Teilnehmenden mit ihren Herausforderungen im Angebot bereit.

Gleich zu Beginn der Umsetzung der Idee stellte sich auch die Frage nach dem internen Nutzen für den Verein. Neben dem Vortrag sollte ein längerfristig angelegtes Projekt entstehen, mit dem Versuch die Gesamtheit der Assets (verstanden als intangible ökonomische Ressourcen) zu identifizieren und den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Diese Inhalte sollten zunächst entsprechend ihrer chronologischen Reihenfolge mit weiteren Möglichkeiten auf einem Conceptboard (Online-Whiteboard) in der Form einer U-Bahn-Liniennetzes (Metro Map) visualisiert werden. Es ergibt sich so ein strukturierter visueller Zugang zu den Inhalten und der Geschichte der einzelnen Assets der GfWM.

Vorgehen

Nach dem ersten Screening von Daten und Informationen auf der Website, die auf der Webseite der GfWM verfügbar sind, wurden verschiedene Personen, die erkennbar an bestimmten Assets beteiligt sind oder bei deren Entstehung aktiv beteiligt waren, im Zeitraum Mai – Ende Juni 2022 befragt. Damit wurde eine erste Karte der GfWM-Assets entwickelt, die ein gute erste Übersicht erlaubte. Dieser erste Zwischenstand kann noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Gruppierung folgte nach zeitlicher Entwicklung, fachlichen Schwerpunkten und Aktualität.

Jede U-Bahnlinie ist dabei mit einer bestimmten Farbe gekennzeichnet und gehört einer spezifischen Thematik bzw. Wissensdomäne an. Entlang der Zeitlinie wurden so die Highlights aus der Geschichte der GfWM zusammengestellt und sichtbar gemacht, wie bspw. die Regional- und Fachgruppen, KnowledgeCamp, GfWM-Wissensmanagement-Modell, DACH Wissensmanagement Glossar, gfwm newsletter, Positionspapiere, Leitlinien für Wissensmanagement in deutscher und englischer Sprache (DIN SPEC 91443, ISO 30401), Wissensmanagement-Kompetenzmodell. Zum vertieften Lesen und Stöbern in der Metro Map zu den einzelnen Assets kann der Link zum Conceptboard (2) (oder QR-Code auf dieser Seite) genutzt werden.

Link zum Conceptboard https://app.conceptboard.com/board/8449-n2dd-ric4-17pi-6pqg

Ausgewählte Beispiele und die angesprochenen Beteiligten: (bisherige Interviewpartner jeweils in Klammern)

Darkblue Line Regionalgruppen und Stammtische (Ulrich Schmidt, Michael Borchardt, Rainer Bartl, Andreas Matern): die GfWM bietet eine Plattform für regelmäßigen interdisziplinären Austausch zum Thema Wissensmanagement durch eine regionale Plattform bzw. Organisation.

Orange Line Kooperationen: DACH Wissensmanagement Glossar, ursprünglich ein Gemeinschaftsprojekt des Arbeitskreises Wissensbilanz (Dr. Manfred Bornemann), BITKOM Arbeitskreis Knowledge Management Dr. Josef Hofer Alfeis), Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (Simon Dückert), Plattform Wissensmanagement (Dr. Claudia Thurner), Swiss Knowledge Management Forum (Dr. Pavel Kraus). Als Ergebnis dieser Kooperation entstand 2009 ein Glossar zu 50 Wissensmanagement-relevanten Begriffen.

Red Line Fachgruppen, u.a. Wissensmanagement Kompetenzmodell (Gabriele Vollmar, Angelika Mittelmann, Ute John) Ziel: einen Kompetenzkatalog für Personen zu erstellen, welche die Rahmenbedingungen für den Umgang mit Wissen in einer Organisation aktiv gestalten. 2022 wurde der Wissensmanagement Kompetenzkatalog durch digitale Kompetenz ergänzt, nun folgt eine englischsprachige Version des 2.0 Modells. DIN SPEC 91443 (Dr. Manfred Bornemann, Ute John) ist unter Federführung und Mitwirkung der GfWM eine Fachgruppe entstanden. “Systematisches Wissensmanagement für KMU- Instrumente und Verfahren”. Dieses Dokument legt Leitlinien für ein Wissensmanagement fest, das auf die Umsetzbarkeit in KMUs zugeschnitten ist. Die Leitlinien, z.B. zur DIN ISO 30401 bieten Unternehmen, die perspektivisch ein umfassendes Wissensmanagement System nach DIN ISO 30401 einführen wollen, eine erste Handreichung. Eine englischsprachige Version ist bereits vorhanden.

Green Line Kommunikation, gfwm newsletter (Stefan Zillich), seit 2004 gibt es den gfwm newsletter, der vier Mal im Jahr aktuelle Infos, Kurzberichte und Hinweise rund um die GfWM und ihr Netzwerk veröffentlicht. Seit 2019 wird das Kuratierte Dossier veröffentlicht. Dieses Format beinhaltet fundierte Ideen und Impulse in hochwertiger Gestaltung, bspw. als fachliche Begleitung zum GfWM KnowledgeCamp. gfwm THEMEN 1-14 ist eine Sammlung fachlicher Beiträge von PraktikerInnen und ExpertInnen.

Blue-Gray Line GfWM KnowledgeCamp (Simon Dückert, Andreas Matern) findet jährlich an zwei Tagen statt. Das Hauptziel des Formates ist es, die überregionale Vernetzung in der GfWM voranzutreiben.

„Ownership“ der GfWM-Assets

Während der Interviews mit den befragten Beteiligten und Autoren der einzelnen GfWM-Assets (1) kamen besonders folgende Fragestellungen auf, die zu den Bereichen „Wissen teilen“, „Wissen sichern“, „Wissen entwickeln“ gehören:

  • Wie gehen wir (zukünftig) mit Assets, die fundamentale Bedeutung für die GfWM haben, um?
  • Wie nehmen diesbezüglich Mitglieder die bereits vorhandenen Assets wahr?
  • Wie können wir die Ansprüche der Autoren der einzelnen Assets sichern und vor einem „Free Riding“ durch Dritte schützen?
  • Können wir dabei u. U. einen Mittelweg zwischen Autoren und GfWM finden, möglicherweise im Urheberrecht und auch bei der Weiterentwicklung einzelner Assets?

Alle Assets der GfWM, ob nun die Ergebnisse der Fachgruppen oder auch die Vorträge, Sessions und Beiträge in den Regionalgruppen, beim KnowledgeCamp oder im gfwm newsletter wurden von Beteiligten innerhalb der GfWM oder in dessen Umfeld entwickelt. Eine Weiterentwicklung des Projekts “Assets der GfWM” setzt also einen wertschätzenden Umgang mit den GfWM-Assets und deren Autoren und Beteiligten, sowie die Klärung der obigen Fragen voraus.

Feedback auf dem GfWM KnowledgeCamp 2022

Nach der Vorstellung des Projekts im Rahmen einer Barcamp-Session auf dem KnowledgeCamp 2022 in Berlin (3) gab es eine offene Diskussion, wo jede/r der Teilnehmenden (darunter Mitglieder des Vereins und andere Teilnehmer) Wünsche, Anregungen, Ideen oder auch Verbesserungsvorschläge und inhaltliche Korrekturen zum Projekt einbringen konnte. Das Setting und die Diversität der Beteiligten an Diskussion und Brainstorming ermöglichten es, frische Ideen und Anregungen im zweiten Teil des Vortrages mitzunehmen.
So entwarf Prof. Peter Pawlowsky (Mitgründer der GfWM) die Idee, im Conceptboard Interviews mit Wissensträgern als Audiodateien den einzelnen Assets anzufügen. Damit könne der „Zugriff auf das historische Erfahrungswissen“ insbesondere auch neuen Mitgliedern eröffnet werden. Desweiteren regte die Berliner Informationswissenschaftlerin Waltraut Ritter an, das umfangreiche Netzwerk bzw. das Beziehungskapital der beteiligten Mitglieder ebenfalls in der Darstellung zu integrieren.

Weitere Session-Teilnehmende bekundeten ihr Interesse an der Mitarbeit im Projekt.

Wie geht es weiter?

Die bisherige Projektbetreuung um Kristina Mirchuk und (ab März 2023) Andreas Matern will die Projektidee fortführen und weiterentwickeln. Eine Vollständigkeit der Darstellung wird angestrebt.

Bei einigen Assets müssen die Einordnung in regionale und fachliche Kontexte herausgestellt, Bezeichnungen ergänzt und die Informationslage verbessert werden (grauer Bereich durch Verlust von Wissensträgern, mehrere Relaunches der Website, u. w.).
Auch sind bis dato nach wie vor nicht alle Assets (der GfWM) erfasst. So könnte bspw. eine Darstellung der Entwicklung der österreichischen Plattform Wissensmanagement (bis 2013 gehostet vom KnowCenter Graz) integriert werden, bei der ein nicht geringer Teil der Mitglieder nach 2013 zur GfWM migrierte.

Ziele könnten sein:

  • Die Metro Map mit den Assets der GfWM soll leicht auffindbar und zugänglich angeboten werden
  • Alten und neuen Mitgliedern des Vereins und auch externen Interessenten soll die Metro Map mit den Assets der GfWM als Information und Referenz für Inhalte und Entwicklung des Vereins dienen
  • Die Metro Map soll den Interessierten eine konsolidierte Grundlage anbieten, um für den Verein und seine fachliche Disziplin ein Verständnis zu entwickeln
  • Die Herausgeber der Assets Metro Map handeln wertschätzend für die Beteiligten und „Owner“ der GfWM-Assets
  • Hinter der Übersicht soll eine aktive Community mit zahlreichen Beteiligten sichtbar stehen, die sich für die GfWM-Assets engagieren
  • Die Herausgeber laden ein zur Auseinandersetzung mit und Beteiligung an der Übersicht

Für die Weiterentwicklung und Arbeit am Projekt wird eine größere Partizipation der GfWM Community notwendig. Ein Koordinationsteam, könnte dabei unterstützen die Inhalte, die auf der virtuellen Plattform eingestellt werden, zu „mustern“, zu sortieren und weiter zu strukturieren. Dieses kann bzw. sollte nicht allein aus den bisherigen Entwicklern dieses Projekts bestehen.

Dabei wird eine stärkere Einbeziehung von Stakeholdern und „Ownern“ bzw. Urhebern der jeweiligen Assets angestrebt, mit dem Ziel einer inhaltlich gerechten Darstellung und der wertungsfreien Kanonisierung aller GfWM-Assets.

Für die Mitarbeit am Projekt “Assets der GfWM” sollte ein ausgewogenes Verhältnis von neuen und langjährigen Mitgliedern angestrebt werden, auch um mögliche Betriebsblindheit und Fehleinordnungen im fach- und vereinshistorischen Kontext zu vermeiden.

Weitere Mitarbeitende und das oben beschriebene Koordinationsteam werden im 4. Quartal 2023 über die verschiedenen Distributionskanäle der GfWM gesucht (Website, gfwm newsletter und LinkedIn).


Kristina Mirchuk verfügt über internationale Erfahrung im Bereich Weiterbildung, Personal- und Organisationsentwicklung im Bildungs- und Dienstleistungssektor sowie in der Automotiv- und Maschinenbauindustrie. Diese beruflichen Stationen ermöglichten ihr, ein ganzheitliches Bild über die aktuelle Situation im Wissensmanagement und dessen Implementierung zu bekommen. Sie versteht Wissensmanagement als einen ganzheitlichen Ansatz. Auf dieser Grundlage beruhen sowohl ihre persönliche Vision als auch ihre beruflichen Aktivitäten, Wissensmanagement als eine holistische Initiative innerhalb von Organisationen einzuführen, und damit deren Resilienz zu gewährleisten. Mit ihrem Beratungsunternehmen unterstützt Kristina Mirchuk Organisationen dabei, ihr volles Potenzial zu entfalten, indem sie die wesentlichen Kompetenzen für jede Art von Organisation identifiziert, die zum Wissensmanagement beiträgt und die in der Organisation vorhandenen Talente in diese Richtung entwickelt.

Andreas Matern ist Vizepräsident der Gesellschaft für Wissensmanagement e. V. (GfWM) und seit 2015 verantwortlich für deren Jahresveranstaltung – das GfWM KnowledgeCamp – welches er zusammen mit einem Team von weiteren Mitgliedern und Unterstützerinnen ehrenamtlich organisiert und erfolgreich weiterentwickelt. Zusammen mit Vertreterinnen von GfWM, Gesellschaft für Informatik, Swiss KM Forum u. w., hat er für die Fachgruppe „Zukunft und Wissensmanagement“ im Bundesverband Mittelständische Wirtschaft am D-A-CH Wissensmanagement Glossar 2020 mitgearbeitet. www.gfwm.de/knowledgecamp


Über diesen Beitrag Text: Kristina Mirchuk, Andreas Matern · Redaktionsteam: Andreas Matern, Stefan Zillich · Bilder – Key Visual: Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum USA, CC0; Abbildung: AutorInnen des Beitrags · Editorial Design: Stefan Zillich, re:Quest Berlin · Veröffentlicht in: Das Kuratierte Dossier, Band 5 “Knowledge Management Essentials”, März 2023, ISSN (Online) 2940-1380 · Veröffentlicht von: Gesellschaft für Wissensmanagement e. V. · Gedruckte Ausgabe bestellen · Über die Reihe Das Kuratierte Dossier · © Autor / GfWM e. V. 2023 · Impressum: Creative Commons Attribution NoDerivatives 4.0 International (BY-ND)

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